Steffen Wendel: „Dein Workshop heute drehte sich ja um „Chancenintelligenz“. Bitte fasse einmal kurz die Kernaussage zusammen.“
Hermann Scherer: „Die Kernaussage lautet, dass wir Chancen wie verrückt auf dieser Welt haben. Es gibt nach wie vor Milliarden von Problemen auf der Welt und jedes Problem ist eine noch nicht genutzte Chance, ein noch nicht genutzter Service den wir anbieten, ein noch nicht gegründetes Unternehmen. Wenn wir auf den Mangel fokussiert durch die Welt gehen, entdecken wir durch den Mangel wie wir es besser machen können – das sind Chancen. Mein Ziel heute war es, den Teilnehmern aufzuzeigen wie sie das schaffen können – und natürlich auch die Themen Vermarktung und Expertenstatus.“
SW: „Du bist einer der anerkanntesten und bekanntesten Trainer. Beschreibe doch bitte kurz Deinen Lebensweg.“
HS: „Ob ich das bin, will ich bezweifeln, aber ich habe als Lebensmittelhändler den Laden meiner Eltern mit sehr sehr vielen Schulden übernommen. Ich war damals schon sehr affin für Seminare und Trainings und habe mich gefragt, ob ich einen Weg finden kann die Schulden abzubauen und nebenbei noch das zu tun was mir Spaß macht. So habe ich vor über 20 Jahren beschlossen, auf den Bühnen dieser Welt zu sprechen.“
SW: „Viele Menschen gerade in Deutschland sind auf der Suche nach Erfolg und viele denken, man ist nur erfolgreich wenn man Geld hat. Wie siehst Du das? Wie lautet Deine Definition des Wortes Erfolg?“
HS: „Naja, man kann zynisch sagen ‚Wer sucht Erfolg?‘ Immer die Erfolglosen. Der, der es hat, sucht es ja nicht mehr. Wenn Du also jemanden auf der Bühne reden hörst ‚Hey wir brauchen mehr Erfolg‘ dann weißt Du schon, da oben steht ein Erfolgloser um es mal so hart zu sagen. Aber natürlich will jeder Erfolg haben im Leben und das ist eine Definitionsfrage. Für den einen ist es das Geld, für den anderen eine erfüllte Partnerschaft, für den dritten ist es eine wunderbare Lebensbalance und das ist für mich vollkommen in Ordnung. Geld ist nicht das Wichtigste im Leben, aber Geld ist ein wunderbares Messinstrument für Attraktivität. Desto attraktiver Du bist, als Dienstleister, als Marke, als Nutzenbieter, desto mehr Geld dürftest Du zunächst einmal in der Regel als Umsatz bekommen. Da wir uns in einer Aufmerksamkeitsgesellschaft befinden, ist wohl richtig, dass wenn einer attraktiv ist, er in der Regel auch viel Geld verdient – das kann der Schlechteste schonmal nicht sein. Es muss kein Lebensziel sein, aber es ist ein Messinstrument für den Erfolg im Markt.“
SW: „Man wird ja immer älter und als Trainer reist man sehr viel umher. Du bist ein vielreisender Trainer, wahnsinnig toll gebucht. Wenn Du älter wirst, stellen wir uns vor, 70, 80, 90 und die Menschen werden heutzutage ja noch älter, wie stellst Du Dir Deine Trainer- oder Rockerrente vor, man sagt ja, man rockt die Bühne, wie sieht Deine Rockerrente aus?“
HS: „Also ich habe die große Befürchtung, dass bei den meisten das Ego zu groß ist und die nicht aufhören können. Das erlebt man ja nicht nur bei Rednern, ich kenne sogar einen der auf der Bühne gestorben ist, das war sogar hier in Spanien. Das erlebt man bei vielen Unternehmern auch, dass sie nicht loslassen können. Mir wäre lieb, dass ich die Weisheit besitze, in einem noch frühen alter, und dann sage ‚es ist gut‘. Sicherlich kann man dann auch die Weisheit weitergeben, aber irgendwann sollte man auch anfangen, den Mund zu halten. Also noch ein bisschen und dann schauen wir mal weiter.“
SW: „Willst Du dann im Hintergrund agieren oder den Jungen eine Chance geben?“
HS: „Man kann zum Beispiel noch einige gute Bücher schreiben, aber es wird schon einen Grund haben, dass wir irgendwann ein bisschen ruhiger treten. Wir merken es ja schon ab 40, 50 dass unsere Geschwindigkeit teilweise eine andere wird. Es hat alles seinen Reiz, und wenn Du es bis 60 nicht geschafft hast, brauchst Du auch nicht mehr anzufangen.“
SW: „Du bist ja anerkannter Business Experte. Was hältst Du vom Hype Internetmarketing, das machen inzwischen ja sehr viele Leute und es heißt oft, das Internetmarketing ist das nächste große Ding in den nächsten 5-10 Jahren. Was ist so Deine eigene Meinung und EInschätzung dazu?“
HS: „Keine Frage, die Digitalisierung ist etwas Disruptives, etwas Zerstörerisches, die ganze Welt ist in einem Wandel und ich bin mir sicher, dass 90% noch gar keine Ahnung davon haben wie sehr dieser Wandel stattfinden wird. Er wird uns übermannen, uns überrollen. Wahnsinn. Du bist ein Internet-Experte, was ich großartig finde. Ich glaube, dass wir alle darauf setzen müssen, das zu tun. Und ich erlebe das selbst schon, wir haben eine Veranstaltung geplant und ein paar Postings in Facebook gemacht und unheimlich viele Buchungszahlen bekommen. Ich unterschätze noch diese Macht und immer wenn ich es dann ausprobiere, merke ich, welche Macht darin steckt. Also unbedingt machen!“
SW: „Welchen Herausforderungen müssen sich heute junge Unternehmer stellen?“
HS: „Ich habe immer das Gefühl, dass diese Trennung von Jung und Alt viel zu stark vonstatten geht, also die einen sagen, die Jugendlichen finden keinen Sinn mehr oder sind nicht mehr Leistungsorientiert. Ich sehe das nicht so. Ich finde, wir haben eine ganz wunderbare, großartige Jugend und die Herausforderungen sind wahrscheinlich die Gleichen. Was wir sehr wohl erleben: Die Welt wird immer schneller, darum bin ich auch sehr dankbar, dass wir hoffentlich eine Jugend haben die sich als erste Generation wirklich Sinnfragen stellen darf und kann. Unsere Generation und die davor hat immer noch stärker die Frage gehabt ‚Wie überlebst du, wie kriegst du genug Geld, wie schaffst du es eigentlich zu leben?‘ Da war viel Prostitution im Spiel, da wurden Jobs gemacht die man nicht machen wollte, Hauptsache man bekommt was dafür. Heute haben wir die Situation, dass sich die Menschen ihre Jobs immer mehr aussuchen können, immer mehr nach Neigungen gehen können, ich finde das großartig. Ich glaube sehr wohl, dass wenn Menschen das tun, noch viel besser werden können weil sie das tun was sie gerne machen und nicht das was sie tun müssen. Die Gefahr, die ich bei vielen jungen Menschen sehe, ist dass sie sich häufig zu jung fühlen. Ich erlebe das immer wieder, dass die Leute auf mich zukommen und sagen ‚Ich bin zu jung dafür, zu jung dortfür‘ und ich sage immer das ist Quatsch, denn Du bist nie zu jung. Fang halt mal an, auf der anderen Seite sagen die Menschen ‚Ich bin zu alt‘ also Du hast von beiden Seiten was. Ich sage immer, es gibt einen einzigen Tag im Leben da bist Du richtig, und den Rest bist Du sowieso zu jung oder sowieso zu alt, also jetzt reinhauen! Und älter wirst Du sowieso nebenbei.“
SW: „Herzlichen Dank dass Du Dir Zeit genommen hast, uns hier auf der Mallorca-Masterclass 2017 zu besuchen.“