Steffen Wendel: „Du hast heute zu zwei Themen gesprochen: Herzenssache Kunde und Herzenssache Mitarbeiter. Kannst Du ein kurzes Statement geben, was damit genau gemeint ist?“
Edgar K. Geffroy: „Zum Thema Herzenssache Kunde ist für mich heute die Digitalisierung und der digitale Kunde der Schlüssel. 98% der Unternehmen arbeiten noch nicht so, wie ich es formuliere. Ich kann nur jedem Unternehmen empfehlen, das ist auch eines meiner Lieblingsthemen, ich glaube Schlaraffenland ist abgebrannt und Unternehmen müssen sich heute in einer Situation auf die Zukunft einstellen die sie in der Form bisher nicht gekannt haben. Die Digitalisierung verändert alles, das sagt nicht nur Christian Lindner, der Chef der FDP, und ich habe es vor ihm schon gesagt, das heißt also Unternehmen sind heute gefordert, alles einzustellen und dem digitalen Kunden eine ganz andere Ansprache zukommen zu lassen. Und da ist noch richtig viel Potential, und ein Tipp, was ist Digitalisierung, weil es ja irre viele Annahmen und Meinungen zu dem Thema gibt. Ich mache es ganz einfach: Digitalisierung erkläre ich immer so: Wenn man digital ein Problem des Kunden lösen kann, das man vorher nicht lösen konnte, dann ist das die beste Chance für Digitalisierung. Und guckt man sich deswegen Apple, AirB&B, Uber und Trivago an, stellt man genau fest, dass sie das verstanden haben.“
SW: „Du bist selbst ja auch auf dem richtigen Weg, hast Deine Firma ja auch digitalisiert und richtig dargestellt und erklärst dann weiteren Unternehmern wie es funktioniert. Und ich habe von Dir gehört, stimmt es wirklich, dass 80% der Unternehmer noch nicht digitalisiert sind?“
EG: „Ja, die Statistik sagt 80% der Unternehmen sind noch nicht digitalisiert, aber sie werden sich damit auseinander setzen müssen. Es ist aber immernoch so, dass es mehrheitlich viele Unternehmen gibt, die sich mit dem Thema Digitalisierung noch nicht auseinandergesetzt haben. Deswegen komme ich über das wichtige Thema Kunde rein, denn Kunden sind besonders wichtig, kein Kunde – keine Firma, deswegen sind sie einfach gefordert, sich damit auseinander zu setzen. Aber ich hebe immer so ein bisschen den Zeigefinger und sage ‚Jetzt ist ja noch alles offen. Jetzt kann man tatsächlich in der heutigen Phase noch zu einem Marktführer werden, weil die meisten Unternehmen in der Branche das noch gar nicht verstanden haben.‘ Wir haben Kunden in unserer Strategieberatung, das sind Schreiner, Bäcker, also wirklich nicht unbedingt die großen Konzerne, ganz im Gegenteil. Und bei denen ist es natürlich egal, ein Kieferorthopäde, der zum Beispiel sagt ich will in Wesel auf Platz eins bei ‚Kieferorthopäde Wesel‘ kommen, der ist jetzt nicht auf Platz eins, der beherrscht die ganze erste Seite der Suchergebnisse. Unter den Blinden ist der Einäugige König, deswegen ist jetzt gerade die Chance noch da, in der digitalen Welt wirklich ganz weit nach oben zu kommen. Man muss nur durchstarten und nicht abwarten, weil dann sind die besten Plätze besetzt, es gibt kein zweites Uber, es gibt kein zweites Amazon, und das sollte man sich halt immer wieder vergegenwärtigen. Ich sage ja immer, zwei Drittel aller Geschäftsmodelle sind ja noch gar nicht erfunden worden, weil man die Chancen der Digitalisierung ja noch gar nicht gesehen hat. Das macht den großen Unterschied. Ich finde das einfach so reizvoll. Wann bekommen sie in 100 Jahren noch einmal die Chance geboten, ihr eigenes Unternehmen noch einmal komplett neu zu erfinden?“
SW: „Wie siehst Du das mit den Mitarbeitern? Früher war das ja noch so, dass sie alle morgens um 7 am Arbeitsplatz sein mussten, aber es gibt ja schon Unternehmen die sagen ‚mach doch Home office‘ – wie ist das bei Dir und wie siehst Du das persönlich, wie sich das entwickeln wird?“
EG: „Mitarbeiter sind ein Auslaufmodell. Der Begriff Mitarbeiter ist ja schon blöd. Ich will keine Mit-Arbeiter die Mit-Arbeiten, ich will Leute haben die vordenken, die in Teams arbeiten, die eigene, selbstverantwortliche Projekte steuern, die dann -Lieblings-Zauberwort der Wirtschaft zurzeit- agil sind. Agil heißt anpassungsfähig, die nicht unbedingt morgens zur Arbeit gehen und abends wieder zurückkommen. Allerdings haben wir zurzeit eine Mitarbeiterwüste, Unternehmen – ich war auf Roadshow mit Dell, habe auch ein Buch geschrieben mit dem Titel Herzenssache Mitarbeiter – Unternehmen haben nicht realisiert, dass sie sich heute bei Mitarbeitern bewerben. Das ist völlig umgekehrt. Die glauben, dass sich Mitarbeiter heute noch bei Unternehmen bewerben. Das ist komplett einmal auf den Kopf gestellt. Und das wird dramatische Konsequenzen und Folgen haben, im zukünftigen Umgang mit Mitarbeitern, und deswegen bin ich sicher: es ist Stunde Null. Die meisten Unternehmen sind jetzt erst dabei, zu realisieren dass sie mit dem Mitarbeiter ganz anders umgehen müssen. Für die Wenigen, die das gerade tun, sind das Riesenchancen.“
SW: „Also müssen auch gerade Jungunternehmer aufpassen, wie sie jetzt ihr Unternehmen aufbauen. Sie sollten auf jeden Fall immer daran denken, zu digitalisieren. Das ist der heutige Bonustipp.“